Der “Just-in-Time-Krieg”

Seminararbeit und Präsentation im Seminar Wirtschaftinformatik & Logistik von Herrn Prof. Dr. Thomas Schake an der Fachhochschule Liechtenstein.

Das Thema Militärlogistik ist sicherlich etwas ungewöhnlich für einen Studenten der Betriebswirtschaft. Ich will gerne offen zugeben, dass ich mit Militär und selbst mit praktischer Logistik bisher fast keine Berührungen hatte.

Es stehen sowohl die Ausarbeitung (PDF) als auch die Präsentation (PDF) als Download zur Verfügung.

Als ehemaliger Zivildienstleistender kann ich nur als “Außenstehender” berichten. Verschlimmert wird diese Fernglasoptik durch die besondere Natur des Themas Militär und Krieg im Allgemeinen. Keine Armee der Welt wird freiwillig ihre Geheimnisse und Strategien veröffentlichen. Nur relativ wenige Informationen dringen nach Außen und sind dann natürlich auch nicht als objektiv zu werten. Unabhängige Berichte oder gar Kritik sind rar und nur schwer zu entdecken.
Ich hoffe daher, dass es mir trotzdem gelungen ist, einen in sich geschlossenen Überblick zu diesem Thema zusammenzustellen, der sich nicht zu sehr in martialischer oder selbstbeweihräuchernder Polemik der Militärs verliert.

Siegelwappen der Defense Logistics Agency
Siegelwappen der Defense Logistics Agency

Loben möchte ich am Rande die Informationskultur der Schweizer und der US-amerikanischen Armee. Beide nutzen das Medium Internet intensiv, um über aktuelle Entwicklungen in ihren Organisationen zu berichten. Insbesondere die amerikanischen .mil-Websites überraschen teilweise mit der Tiefe ihrer Berichterstattung zu speziellen Themen. Vielleicht nehmen sich auch andere Staaten diese Offenheit zum Vorbild. Immerhin fließen keineswegs unerhebliche Prozentsätze der nationalen Budgets in die Verteidigung. Da wäre es durchaus auch interessant zu wissen, wie dieses Geld verwendet wird.

Militärlogistik ist natürlich auch immer untrennbar mit dem unsäglichen Thema Krieg verbunden. Innerhalb dieser Arbeit geht es nicht um die Bewertung des Krieges. Vielmehr werden die technischen, organisatorischen und vor allem logistischen Herausforderungen betrachtet, die sich aus den Aufgaben des Militärs ergeben.

 

Einleitung

Am Donnerstag, den 20. März 2003, beginnt mit einem gezielten amerikanischen Bombenangriff auf ein Gebäude in der irakischen Hauptstadt Bagdad der zweite Golfkrieg. Mit dem Angriff sollte in einem so genannten „Enthauptungsschlag” Saddam Hussein getötet werden. Wie sich später herausstellte war der Diktator niemals in diesem Haus und ignorierte auch weiterhin das Ultimatum der alliierten Amerikaner und Briten.

In den folgenden Tagen überquerten große alliierte Truppenverbände die Grenze von Kuwait in den Irak und rückten im schnellen Tempo auf die Hauptstadt zu. Bereits am 9. April erreichen sie Bagdad. Das offizielle Ende der Kampfhandlungen wird schließlich am 15. April 2003 mit der Eroberung der Stadt Tikrit erklärt. Es sollte sich jedoch in den Folgemonaten zeigen, dass mit dem Ende des Krieges keineswegs der Frieden in das Land kommen sollte.

Neu war an diesem Krieg nicht nur sein politisches Vorspiel. Es war auch nicht allein die ungeheuerliche Geschwindigkeit der Invasion. Revolutionär war der Einsatz moderner Technik und der Grad des Vertrauens auf die daraus resultierende Überlegenheit. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bezeichnete den Krieg am Golf als „Beginn einer neuen Kultur des Krieges”.  Die Welt nannte ihn ein „Paradebeispiel für Taktik und Technik der Kriegsführung im 21. Jahrhundert”. Der ehemalige Vorsitzende des Militärausschusses der NATO, Klaus Naumann, lobte „den ersten netzwerkzentrierten Krieg der Geschichte”.
Begriffe wie Network Centric Warfare und Just-in-Time Logistik umschwirren die Schlagzeilen um den Erfolg der alliierten Truppen. International fordern immer mehr Militärs eine Neuausrichtung der nationalen Armeen nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten.
Gleichzeitig bleibt jedoch auch die dunkle Erinnerung an Schlagzeilen kurz vor der dem Fall Bagdads. War da nicht die Rede von Problemen mit dem Nachschub und Schwierigkeiten mit der modernen Kommunikationstechnik? Immerhin scheinen diese Probleme die alliierten Truppen nicht sehr aufgehalten zu haben.

Diese Seminararbeit möchte sich nicht primär mit dem Irak-Krieg auseinandersetzen. Er ist jedoch äußerst bedeutsam, da er am Ende der Entwicklungen steht, die hier dargestellt werden sollen.
Logistik ist eines der wichtigsten Elemente der Kriegsführung. Früher war die Auseinandersetzung mit diesem Thema das Privileg und die Aufgabe eines Strategen und Feldherrn. Heute ist es ein Begriff, der auch aus dem normalen Wirtschaftsalltag nicht mehr wegzudenken ist.
In den letzten Jahren hat sich das Verständnis der militärischen Logistik komplett gewandelt. Interessanterweise ist hierbei die freie Wirtschaft das Vorbild für ihren einstigen Lehrmeister und Vordenker. Seinen Ursprung hat diese Entwicklung vor allem in den Vereinigten Staaten. Eng verknüpft mit diesem Prozess sind die Begriffe Joint Vision und Network Centric Warfare. In dieser Arbeit sollen daher auch beide Begriffe mit erläutert und ein Blick auf die Transformation des gesamten Militärs geworfen werden. Schwerpunkt bleibt stets jedoch die Logistik.

Das Selbstverständnis des Militärs und seine Strategie unterscheiden sich je nach Nation. Eine umfassende und allgemeine Darstellung würde daher jeden Rahmen sprengen. Diese Arbeit konzentriert sich im Wesentlichen auf die Vereinigten Staaten. Als einzige verbliebende Supermacht und Vorreiter bei der Transformation des Militärs ist die amerikanische Armee auch bei weitem das interessanteste Anschauungsobjekt.

Als kleiner Appetizer auf dieses Thema und als Illustration seiner Bedeutung mögen vielleicht ein paar Zahlen ein guter Einstieg sein. Die Defense Logistics Agency (DLA) ist die zentrale Behörde für die Versorgung des amerikanischen Militärs. Insgesamt rund 95% aller vom Militär benötigten Güter und Waren werden über die DLA beschafft, verwaltet und ausgeliefert. Als privates Unternehmen würde die Behörde damit nach eigenen Angaben  auf Position 65 der Fortune 500 Liste  landen. Rund 21.000 zivile Mitarbeiter und 1.000 Soldaten arbeiten für die DLA. Sie verwalten einen durchschnittlichen Lagerbestand im Wert von 82,2 Milliarden USD, der sich über 22 Hauptdepots und unzählige Nebendepots mit insgesamt über sechs Millionen Quadratmeter Lagerfläche erstreckt. 1312 unterschiedliche Waffensysteme werden beliefert, rund 47.500 Anforderungen/Bestellungen pro Tag abgearbeitet. Alleine die Lieferungen an Benzin belaufen sich auf 150 Millionen Barrel pro Jahr. Dies entspricht dem anderthalbfachen des österreichischen Jahresverbrauches.

Diese Zahlen machen deutlich, dass militärische Logistik alleine schon vom schieren Volumen ein sehr umfangreiches Thema ist.

Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort

2 Einleitung

3 Entwicklung der militärischen Logistik

  • Entstehung des Begriffs Logistik
  • Das Heer versorgt sich nicht mehr selbst
  • Bildung von institutionalisierten Heeren
  • Entwicklung des Magazinsystems
  • Trennung von Logistik und Kampfeinheiten

4 Definition des Logistik-Begriffes

  • Kaiser Leo VI.
  • Antoine-Henri Jomini und George Cyrus Thorpe
  • Moderne militärische Definitionen
  • Jünemann

5 „Klassisches” Logistik-Konzept

6 Transformation des Militärs

  • Neue Aufgaben für die Armee der Zukunft
  • DoD Transformation
    • Definition von Transformation
    • Information und Informationstechnologie
    • Die drei Ebenen der Kriegsführung
  • Joint Vision 2020
    • Information Superiority
    • Decision Superiority
    • Dominant Maneuver
    • Precision Engagement
    • Focused Logistics
    • Full Dimensional Protection
    • The Global Information Grid (GIG)
    • Information Operations
  • Network Centric Warfare
  • Unmittelbare Konsequenzen für die strategische und operative Ausgestaltung des Militärs
    • Einfach alles vernetzen?
    • Voraussetzungen für die Einführung von Network Centric Warfare
    • Freigabe durch den Congress

7 Auswirkungen der Transformation auf den Irak Krieg

  • Defense Logistics Agency (DLA)
    • Just-in-Time Logistik
    • Business Systems Modernization (BSM)
    • Global Transportation Network (GTN)
    • Transportation Coordinators’-Automated Information for Movement System II (TC-AIMS II)
    • Wandel von einer Behörde zum Dienstleistungsunternehmen
  • Aufmarsch am Golf
    • U.S. Central Command (Centcom)
    • Luftwaffe
    • Mobile Gefechtsstände
    • Gepanzerte Fahrzeuge
    • Nachschubeinheiten
  • Schwierigkeiten mit dem neuen Konzept

8 Fazit

 

Es stehen sowohl die Ausarbeitung (PDF) als auch die Präsentation (PDF) als Download zur Verfügung.